Jochen Keth - Mein Lieblingstropfen tropft himmelblau


Mein Lieblingstropfen tropft himmelblau


bin ich willkommen, Sir
no Sir, bin ich mir willkommen, Sir


wann bin ich mir zum ersten Mal begegnet
wann habe ich mich kennengelernt
gestern - heute
war gestern – heute


warum ist hier kein Spieglein, Spieglein an der Wand, Sir
yes Sir, ich will mir begegnen, Sir
will mit mir in vorderster Reihe stehen
mein aufpolierter Groschen steckt bereits im Drehkreuz
will mich erleben im Labyrinth
meinen nimmermüden Gedankenhimmel durchflattern
schauen, ob ich noch drin bin in mir, Sir


werde ich mich erkennen
wie werde ich erkennen
darf ich erkennen
will ich erkennen
wild erkennen vor Abendrots Morgentod


habe viele Fragen an mich, Sir
wer ich war vielleicht
war ich vielleicht - ein Geist vielleicht
wer ich bin vielleicht – sowieso bin ich wer vielleicht
vielleicht ein ausgetropfter Seerosenteich, Sir


wer ich sein werde - wollte
wer sollte ich wo sein
bin ich je wieder daheim
Wanderstein, Sonnenschein, Knochenbein
werde ich überhaupt erscheinen


Sir, du verlierst mich, Sir; Licht - mehr Licht


werde ich sein - wie werde ich sein
wie will ich sein – was will ich sein - werde ich nie mehr sein
werde ich beständig scheinen – als wertvoller Rotwein vielleicht
Sir, bitte, Sir, lass mich doch scheinen, Sir
ohne mich-mich, kein ich-ich


ICH WILL ZWISCHEN WOLKEN WANDERN UNZERSPRINGLICH


mein Lieblingstropfen tropft himmelblau
das ist mir über mich bekannt
Rückwärtstürchen öffnet meine Vergissmeinnichtörtchen
hinfort alle Vielleichts – ihr ewig doofen


herzlichen Glückwunsch, Sir
nützliches Grinsen entfaltet sich
entschleiert mich spiegelprächtig an der Wand
wahrlich, Sir, ein Glückskeks ist mein ich


aber was ist das, Sir
bin ich das, Sir
das alte Ding da
eine Fratze ist das, Sir
so will ich nicht sein
so bin ich nicht
nimm das sofort zurück, Sir
stets war ich mir willkommen
jetzt weg, Sir – ganz weg, weg, weg
in Fetzen fremdgeatmet
verschluckt, ausgeknipst
zerhackt in verbogene Endlichkeit
pfui Deibel, ausgelutscht in die Tonne gespuckt


wann ging ich verloren
wie war das losgegangen
warum ging ich bloß fort – wohin – ohne ein Wort


es fließt ein Dämmern durch meine Kammern
ganz verlaufen habe ich mich - außerhalb
wie früher - plötzlich stand ich saudumm – irgendwo
weißt du was Sir, leck mich, Sir
niemals mehr gehe ich hinaus


ach, Lieblingströpfle tröpf mich entzückend himmelbläulich
treuer Kamerad - du, mein Trallala in der Stille
verweile doch – du bist so fein, mein Spaßvögelein
wo du thronst, belohnste mir gewiss gesprächiger


he, allenthalben außerhalb – volle Pulle mehr Licht
fülle mich da wer mit Unvergänglichkeit
knipst an meine heißblütigen Vergissmeinnichts
tanzten bedingungslos viele in meinem Gedankensturm - Dankeschön
können unmöglich alle ertrunken sein unter meiner Dürre


ach, zur Hölle mit der Dürre
ich atme keine mehr ein, Sir
weißt du, Sir, früher war ich immer draußen
im Inneren eine Flut


wie schön klar das Früher war, Sir
es war doch vor Abendrots Ende alles schön klar, Sir
Licht verliere mich nicht - lieber bleibe ich angeknipst
ganz seltsam unwohl war mir immer schon als Bub - im Dunkeln


flummert rum - dumdidum
Flattersturm auf Flattersturm
Gebrumm, Gebrumm


ach wie zauberhaft verliebt ich bin


Verzeihung, Sir, das Leck mich, Sir
Rätselhaftes wuchert bisweilen schwer in mir


würde gern noch einmal zu mir springen
mich zum Leuchten bringen in der Stille
bis die Dürre mich wasserklar ausspuckt
bis ich ganz und gar ganz bin
vollkommen in mir drin
so bliebe ich mir unvergesslich weit willkommen


doch verlasse ich mich notgedrungen unwiederbringlich, Sir
entsinne dich, mein Lieblingstropfen tropft himmelblau... aufwärts