29-10.2021 - aktueller Autor - Ahmed Alwais

Biografisches – Vier Sterne für Ahmed

Positiv würde ich sehen,
dass ich fair bin,
dass, wenn ich was wissen möchte, es richtig erfahren möchte,
ohne mit einem Tratsch zufrieden zu sein.
Spaß und Humor stehen mir gut,
gegenüber anderen bin ich nicht voreingenommen.
Ich verfolge meine Ziele
und lasse mir mein Selbstvertrauen nicht von anderen nehmen.
Ich stehe zu meiner Meinung,
doch wenn ich falsch liege,
sehe ich das auch ein. Manchmal
kann ich auch sauer werden,
aber nur wenn mir jemand was Böses will.
Doch ich finde die Ruhe schnell wieder
und kämpfe wörtlich dagegen.
Ja, ich bin schlagfertig.
Und bei alltäglichen Pflichten,
muss ich euch gestehen,
da bin ich faul.
Bei der Arbeit und im Studium bin ich ehrgeizig.
Ich bin mal launisch und dann wieder ganz locker.
Wenn ich mich bewerten könnte,
würde ich mir vier von 5 Sternen geben.

 

im Geest.Verlag erschienen:: Heimat und Identität. Bekenntnisse einer Slampoetergruppe. Geest-Verlag 2020



Zuhause

Was ist Zuhause für mich?
Mein Elternhaus.
Der Ort, an dem ich die meiste Zeit meines Lebens verbracht habe,
an dem ich mein Zimmer habe,
einen Rückzugsort,
meine Familie,
meine Brüder,
meine Freunde,
mein Netzwerk.

Meine Mama,
die sich um uns sorgte, für uns kochte und regelmäßig sagte,
dass ich bald heiraten soll.
Ihr Haus,
die Straße und die Umgebung,
das bleibt immer mein Zuhause,
auch wenn ich es heute mit viel Wehmut erinnere
und mit Schmerzen verbinde.

Zuhause ist auch ein Gefühl,
da, wo Menschen sind, die mich lieb haben,
der Ort, an dem mein Bett steht
und an dem meine Klamotten sind,
und meine Erinnerungen –
schöne und schlechte.

Zuhause ist auch jedes Geräusch, das mich an
die Orte und Menschen erinnert,
sie lösen
Heimweh aus,
aber auch ein Gefühl von Nähe,
als wäre meine Seelenschwester ganz nah bei mir.
So verschwimmen Nähe und Ferne
zu einem Gefühl in mir,
einem Gefühl von Zuhause.

An diesem Ort bin ich nicht mehr,
heute bin ich hier.

2015 kam ich nach Deutschland
in das kleine Dorf Mühlen.
Man könnte nun denken,
das Schlimmste in dieser Zeit sei die anstrengende Reise gewesen,
zu Fuß,
mit dem Bus,
mit dem Boot,
dem Zug
und, und, und.
Aber das Schlimmste war noch viel schlimmer:
der Kulturschock.
Neue Eindrücke, neue Sprache und merkwürdige Festivitäten ...

Schützenfest!
So etwas haben wir in Dairasor nicht,
aber ich war neugierig.
Was machen die da?
Und warum?
Und warum tragen sie so komische Kleidung?
Also habe ich mich angemeldet.
Zweite Kompanie in Mühlen.
Drei Tage marschieren,


drei Tage wach.
Und es wird geschossen,
nur so zum Spaß
und für Preise.
Und der Beste wird am Ende König.
Das war für mich schon ungewöhnlich.
Und wollt ihr wissen, was ich gewonnen habe?
Interkulturelle Kompetenz!

Was war noch neu für mich?
Was hat mich noch kulturgeschockt?
Karneval!
In Damme!
Auch hier gibt es einen Umzug
und noch viel komischere Klamotten.

Diese Kombination aus Durch-die-Straße-laufen und komischen
Klamotten scheint den Deutschen wirklich zu gefallen.
Und auch ich habe mittlerweile Gefallen daran gefunden.
Fühle ich mich jetzt heimisch?

Was mache ich noch hier in Deutschland?
Ich spiele Fußball in einem Verein,
in der dritten Herrenmannschaft in Mühlen.
Aber das ist nichts super Neues für mich,
denn Fußball spielt man auch in Syrien.
Auch wenn das manche Menschen verwundert,
ja, in Syrien gibt es auch Fußball.
Aber dort spielen wir auch wirklich,
hier geht es nur darum,
nach dem Spielen Bier zu trinken …
Oder?
Aber ich spiele ja nicht nur Fußball und gehe feiern,
sondern ich habe auch ein Ziel vor Augen,
möchte weiterkommen.
Ich gehe bereits zur Uni
hier in Vechta.
Natürlich habe ich viel gelernt,
aber vor allem neue Menschen getroffen,
Kontakte geknüpft.
Fremde wurden zu Freunden
und Vechta zu meinem Zuhause.