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Marlies Blauth, Brief an einen Freund

Marlies Blauth, Meerbusch
Brief an einen Freund

halb blind
in der blendenden Wirklichkeit
tastest du täglich
nach jemandem
der dich leitet

Gott ist zu schwach
sagst du
der Zeitgeist schreit doch
zum Himmel

nun gibst du
Menschen die Hand
die dich führen
einmal hast du gefragt:
wohin?
da nickten sie nur

sie ziehen dich, schieben dich
an unbekannte Orte
schön, freust du dich
wenn servil gereicht wird
was du willst
so lässt es sich leben

Paul Lindner,Das Land geht unter an der Jungfernheide

Paul Lindner, Berlin
Das Land geht unter an der Jungfernheide

Unter dem Schild Baden verboten
sitzen wir am Seeufer –
schon lange ein inoffizieller Strand
meist für die Ärmeren im Kiez;
heimatliche Transferleistungsempfänger
und viel Migrationshintergrund –
ein sprachlicher Turm von Babel

Drüben grillen die Polen
und am Schilf eine russische Familie
Die Aushänge an den Bäumen gut lesbar:
Grillen und offenes Feuer verboten
Arabische Mitbürger hocken um ihre Wasserpfeife
palavern wild und heiter

Bernadette Lumbela, Weitergehen

Bernadette Lumbela, Heidelberg
Weitergehen

May Ayim sagt mir, wo
die Freiheit beginnt.
ihre Grenzenlosigkeit
muss ich bei mir tragen
und den Glauben,
zurückkommen zu können
nach Hanau, nach Halle, 
nach München, nach Freital.
In die Nachbarschaft derer, 
die Mundlos heißen und
reglos 
bleiben, einen Platz unter denen,
die nicht an den Begräbnissen
der Nachbarskinder teilnehmen;
während wir lernen müssen,
mit der Angst zu leben, aber
dem Schrecken 
nicht zu weichen, im Ungewissen,

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