Dieter Wöhrle - Ralfs Wiedergeburt (Gedicht des Tages)

Hördatei: 


Ralfs Wiedergeburt


Es hatte Ralf das virtuelle Leben
allmählich von dem echten abgeklemmt.
Den ganzen Tag blieb er am Rechner kleben,
sah fahl und elend aus und aufgeschwemmt.
Er lebte ganz für sich, soff Bier, fraß maßlos.
Er wusch sich nicht mehr, fühlt´ sich krank und lahm.


Auf der Toilette wurde er den Fraß los
und alles um ihn langsam nun verkam.
Allmählich er verlernt´ die Kunst des Sprechens,
so zwischen Rechner, Küche, Suff und Klo,
und die des Ausgehns, des mit Freunden Zechens.
Das ging nun über ein, zwei Jahre so.
Doch gestern Abend zog´s ihn unter Leute.
Am Kneipentresen merkwürdig es klang,
wenn frei zu reden Ralf sich mal nicht scheute
und sagte... Hören wir ihn einfach an:


„Der Mensch ist hastenichgesehn
und wird, das musste doch verstehn.
Der eine kommt, der andre geht,
und alles, äh, vom Wind verweht.
Im Internet, und nicht nur dort
steht auch nur was von undsofort.
Nur Hertha steigt hallodria,
Karl Marx sagt dazu nur blabla.“


Die Kneipengäste, die am Tresen hörten
den Monolog, verstanden nicht so recht
und wandten nun die ungläubig verstörten
Gesichter ab, verhehlten ihm nur schlecht,
dass für den Dialog er war verloren
und tauglich nur für die Computerwelt.
Doch etwas in ihm war wie neu geboren.
Vielleicht war dieser Abend wert sein Geld.


Berlin, 19.4.2012

Dieter Wöhrle
Rheinstraße 50
12161 Berlin
Tel.: 030 – 392 22 94
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