Für jeden Lyriker eigentlich eine Pflichtlektüre: Reinhard Rakow - unterm strich

unterm strich

am ende der lyrik heißt´s, farbe bekennen:
die kostbaren silben sind wertlos geworden,
die teuren anzüge eng und zerschlissen.
die wimperntusche war nicht regenecht.
der lippenstift hinterließ keine spuren.

draußen im staub, auf der straße ist leben -
zwischen der scheiße und ner dose starkbier,
die ein penner sich reinzieht, bevor er sich nass macht.
und wenn auf der parkbank, die er dann vollkotzt,
von hinten nen junkie der freier bedient.

welch hehre worte der greisin wohl fehlen,
die, schändlich verlassen, lebendig verfault?
oder dem säugling, der, zu spät abgetrieben,
behindert, am fenster sein leben aushaucht?
der rentner, verarmt, spritzt gern ein gedicht.

hört mir doch auf mit eueren lügen!
die macht der worte ist hohl.
jenseits der grenzen heißt´s, rechnung zu legen -
macht der verzweiflung:
du rechnest dich nicht.