Gemeinsame Erklärung von Börsenverein und Deutscher Hochschulverband über angemessene Vergütungen von Intranetnutzungen

In einer Gemeinsame Pressemitteilung von Börsenverein des Deutschen Buchhandels und dem Deutschen Hochschulverband
wird der Kultusministerkonferenz vorgeworfen den Streit um angemessene
Vergütung von Intranetnutzungen in Hochschulen und
Forschungseinrichtungen zu eskalieren:

"Die Kultusministerkonferenz hat angekündigt, dass sie
wissenschaftlichen Autoren und Verlagen auch weiterhin keine
titelbezogene angemessene Vergütung für die Nutzung ihrer Werke in den
Intranets von Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen bezahlen
will. 'Weil die Länder nicht ausreichend Geld für Hochschulen und
Bibliotheken bereitstellen wollen, sollen Urheber und Verlage enteignet
werden', sagte der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen
Buchhandels, Alexander Skipis. 'Das Verhalten der Kultusministerkonferenz ist glatt gesetzeswidrig und nichts weniger als ein Skandal.'

'Welcher qualifizierte Wissenschaftler wird künftig noch Lehrbücher
schreiben und wer diese verlegen?', fragt der Geschäftsführer des
Deutschen Hochschulverbandes, Dr. Michael Hartmer. 'Diese Politik gefährdet die Versorgung mit hochwertiger Studienliteratur und entbehrt jeder bildungspolitischen Weitsicht.'

Börsenverein und Deutscher Hochschulverband reagieren auf ein Interview des Börsenblatts mit dem zuständigen Staatssekretär im Sächsischen Kultusministerium, Dr. Knut Nevermann.
Darin hat dieser angekündigt, dass die deutschen Schulen, Hochschulen
und Forschungseinrichtungen urheberrechtlich geschützte Werke, die für
Studenten und Wissenschaftler in Intranets eingestellt werden, nicht
erfassen wollen.

Da die in Intranets eingestellten Ausschnitte aus Lehrbüchern und
Studienliteratur für die Studenten und Forscher kostenlos zugänglich
sind, können sie den Absatz der fraglichen Titel stark beeinträchtigen
und zu erheblichen Einnahmeverlusten bei den Autoren und Verlagen
führen. Deswegen verpflichtet das Urheberrechtsgesetz die begünstigten
Einrichtungen, als Entschädigung für die entstehenden Einnahmeausfälle
eine „angemessene Vergütung“ an die Verwertungsgesellschaft Wort (VG
Wort) zu zahlen. Die VG Wort kann eine angemessene Vergütungshöhe aber
nur dann feststellen und die fälligen Tantiemen an die betroffenen
Autoren und Verlage weiterleiten, wenn ihr gemeldet wird, welche Titel
in welchem Umfang genutzt werden.

Die Kultusministerkonferenz weicht mit ihrer jetzigen Ankündigung
von einer im vergangenen Jahr in einem Gesamtvertragsangebot an die
Verwertungsgesellschaften gemachten Zusage ab und ignoriert eine
Vorgabe des Gesetzgebers. Dieser hatte Ende 2008 die Geltung des § 52a
UrhG, aufgrund dessen Bildungs- und Forschungseinrichtungen
urheberrechtlich geschützte Werke in ihren Intranets ohne Genehmigung
der Rechteinhaber nutzen dürfen, um vier Jahre bis Ende 2012
verlängert. Zur Begründung stellten Bundestag und Bundesrat darauf ab,
dass ab 2009 eine nutzungs- und werkbezogene Erfassung der verwendeten
Titel erfolgen werde und somit eine angemessene Vergütung von Autoren
und Verlagen sicher gestellt sei.

Die VG Wort hatte bereits im Jahr 2005 einen Tarif für Nutzungen
unter § 52a UrhG veröffentlicht. Diesem Tarif hatte die
Kultusministerkonferenz widersprochen und alternativ die Zahlung einer
jährlichen Pauschale angeboten. Ende Dezember 2008 hatte die
Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt einen
Einigungsvorschlag vorgelegt, der eine Pflicht zur nutzungs- und
werkbezogenen Erfassung vorsieht. Diesen Einigungsvorschlag hat die
Kultusministerkonferenz in der vergangenen Woche abgelehnt.

Damit reißen die Auseinandersetzungen um den umstrittenen § 52a
UrhG weiterhin nicht ab. Die 2003 geschaffene Vorschrift war schon vor
ihrem Inkrafttreten vom Börsenverein kritisiert worden, weil der Staat
sich damit offensichtlich nur einen Superbilligzugriff auf Lehrbücher
und Studienliteratur auf Kosten von Urhebern und Verlagen verschaffen
wolle."