Heute Weltfrauentag

 (siehe auch Gedicht des Tages von Jenny Schon)

 

Der Internationale Frauentag oder Weltfrauentag wird weltweit von
Frauenorganisationen am 8. März begangen. Er entstand in der Zeit um
den Ersten Weltkrieg im Kampf um die Gleichberechtigung und das
Wahlrecht für Frauen.
Frauen in Dhaka, Bangladesh, demonstrieren am 8. März für ihre Rechte

Geschichte

Zetkin und Lenin

Die deutsche Sozialistin Clara Zetkin schlug auf der Zweiten
Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz am 27. August 1910 in
Kopenhagen die Einführung eines internationalen Frauentages vor, ohne
jedoch ein bestimmtes Datum zu favorisieren. Am 19. März 1911 wurde in
Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn und der Schweiz der erste
Frauentag gefeiert. Mit der Wahl des Datums sollte der revolutionäre
Charakter des Frauentags hervorgehoben werden, denn der Vortag, der 18.
März, war der Gedenktag für die Gefallenen während der Märzrevolution
1848. Außerdem hatte auch die Pariser Commune 1871 im März begonnen.

Am 8. März 1917 – nach russischem (julianischem) Kalender der 23.
Februar – streikten in Sankt Petersburg die Arbeiter- und
Soldatenfrauen des armen Stadtviertels Wyborg und lösten damit die
Februarrevolution aus. Zur Ehre der Rolle der Frauen in der Revolution
wurde auf der Zweiten Internationalen Konferenz kommunistischer Frauen
1921 in Moskau auf Vorschlag der bulgarischen Delegation der 8. März
als internationaler Gedenktag eingeführt. Nach anderer Darstellung war
es nach Aufforderung von Alexandra Kollontaj und anderen
Vorkämpferinnen Lenin, der in diesem Jahr, 1921, den 8. März zum
„Internationalen Frauentag“ erklärte.[1]

Streik der Textilarbeiterinnen

Im Zuge des Kalten Krieges wurden sozialistische bzw. kommunistische
Tradierungen des 8. März in Westeuropa und Nordamerika teilweise
unpopulär. So entstand allmählich eine alternative Herleitung des
Frauentages. Im Mittelpunkt des neuen Ursprungsmythos steht ein
spontaner Streik von Textilarbeiterinnen, der sich am 8. März 1857 in
New York ereignet haben soll. Die Polizei habe diese Demonstration
gegen niedrige Löhne und unzumutbare Arbeitsverhältnisse blutig
niedergeschlagen, zahlreiche Frauen seien bei diesem Einsatz ums Leben
gekommen. Genau fünfzig Jahre nach diesem Vorfall wurde am 8. März 1907
an diese Vorfälle erstmals erinnert.

Historikerinnen wie Liliane Kandel, Françoise Picq und Temma Kaplan[2]
haben seit den 1980er Jahren jedoch darauf hingewiesen, dass es sich
bei dem Aufstand von 1857 um eine „Legende“ handelt, die 1955 mit dem
Ziel konstruiert worden sei, den Frauentag von seiner sowjetischen
Vorgeschichte abzulösen und mit einer Tradition zu versehen, die über
den Kommunismus hinausreicht. Die mythischen Ereignisse von 1857 und
1907 wurden dabei teilweise mit einer tatsächlich stattgefundenen
Veranstaltung vermischt, die die New Yorker Social Democratic Women's
Society am 8. März 1908 in New York unter anderem zur Propagierung des
Frauenwahlrechts durchführte. Selbst die Feuerkatastrophe in einer New
Yorker Bekleidungsfabrik, die am 25. März 1911 vermutlich 146
Näherinnen das Leben kostete, wird in diesem Zusammenhang gelegentlich
irrtümlicherweise erwähnt.

Nach 1918

Nachdem die Frauen in mehreren europäischen Ländern, u. a. in
Deutschland und Österreich, das allgemeine Wahlrecht erstritten hatten,
wurde der Frauentag nach dem Ersten Weltkrieg vermehrt dazu genutzt,
auf soziale Probleme aufmerksam zu machen. In Deutschland forderten die
Frauen Arbeitszeitverkürzungen ohne Lohnabschläge, eine Senkung der
Lebensmittelpreise, eine regelmäßige Schulspeisung und den legalen
Schwangerschaftsabbruch. Da die sozialistische Bewegung an der
Entstehung des Frauentages maßgeblichen Anteil hatte, wurde er zwischen
1933 und 1945 verboten. Stattdessen wurde der Muttertag, der dem
nationalsozialistischen Frauen- bzw. Mutterideal eher entsprach, in den
Rang eines offiziellen Feiertages erhoben.

Nach 1945
Internationaler Frauentag 1948 in Berlin

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde im geteilten Deutschland sehr
unterschiedlich mit dem Frauentag umgegangen. 1946 führte die
sowjetische Besatzungszone den 8. März wieder ein. In der DDR war der
Frauentag durch seine Geschichte geprägt, er hatte zunächst den
Charakter emanzipatorischen Veranstaltung und wurde erst in den späten
Achtzigern festlicher, ungezwungener und weniger ideologisch begangen.
Im Westen veranstalteten Sozialdemokratinnen zwar seit 1948 wieder
Frauentage, doch ging die Bedeutung des Tages allmählich verloren. Erst
mit dem Engagement der neuen Frauenbewegung Ende der 1960er Jahre
rückte der 8. März in der Bundesrepublik und anderen Ländern wieder
stärker ins Bewusstsein.

Heute ist der 8. März in Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Bulgarien,
Burkina Faso, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Kuba, Mazedonien,
Moldawien, in der Mongolei, in Russland, Serbien, Tadschikistan, in der
Ukraine, in Usbekistan, Ungarn, Vietnam und Weißrussland ein
gesetzlicher Feiertag. In der VR China ist der Nachmittag für Frauen
arbeitsfrei.

1975 richteten die Vereinten Nationen erstmals am 8. März eine Feier
aus. Im Dezember 1977 beschloss die Generalversammlung der UN, das
Datum als Internationalen Frauentag anzuerkennen.

Situation heute

Zum Internationalen Frauentag 2003 war ein von der UNICEF propagiertes
Motto Bessere Bildung für Mädchen mit dem Ziel, Mädchen besser vor
ungleicher Behandlung und Ausbeutung zu schützen. Die
Gleichstellungsbeauftragte des Deutschen Bundestages lud zu einem
Leseabend mit der Schriftstellerin Claudia Anthony aus Sierra Leone
ein. Viele Aufrufe wendeten sich gegen jede Diskriminierung von Frauen
und Mädchen, unter anderem gegen die weibliche Genitalverstümmelung,
gegen Kinderheirat und gegen die Verurteilung von nichtheterosexuellen
Lebensweisen.

Der damalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, machte
anlässlich des Frauentages 2004 darauf aufmerksam, dass in den
afrikanischen Ländern südlich der Sahara über die Hälfte der an AIDS
erkrankten Menschen Frauen seien. In der Gruppe der HIV-Infizierten
unter 24 Jahre stellten junge Frauen mit einem Anteil von fast zwei
Dritteln das größte Kontingent.[3] Einige europäische Initiativen
dieses Jahres setzten sich mit der Situation in Nepal auseinander.

2006 lag der Schwerpunkt zahlreicher Aktionen auf der Rolle der Frauen
in politischen Entscheidungsprozessen. Der Internationale Frauentag
2007 mahnte an, Gewalt gegen Frauen und Mädchen überall auf der Welt
unter Strafe zu stellen. Das Motto der Vereinten Nationen im Jahr 2008
lautete Investing in Women and Girls. Fokussiert werden sollte auf die
Herstellung von Chancengleichheit und deren Finanzierung in den
einzelnen Ländern. Entsprechend kündigte die Bundesfrauenkonferenz der
deutschen Gewerkschaft Verdi Veranstaltungen zum Thema Frauen verdienen
mehr an. Unter anderem wurden gleiches Entgelt für gleiche und
gleichwertige Arbeit sowie Mindestlöhne angemahnt.

Die luxemburgische EU-Kommissarin Viviane Reding sprach sich 2008 für
eine Abschaffung des Internationalen Frauentags aus: „Solange wir einen
Frauentag feiern müssen, bedeutet das, dass wir keine
Gleichberechtigung haben.“[4]

Literatur

* Liliane Kandel, Françoise Picq: Le Mythe des origines à propos de
la journée internationale des femmes, in: La Revue d'en face, 12, 1982,
S. 67–80.
* Temma Kaplan: On the Socialist Origins of International Women's Day, in: Feminist Studies, 11, 1985, S. 163–171.

aus: www.wikipedia.de