Lesungsbericht Jenny Schon 'Erzählen gegen den Krieg' im Verein 'südosteuropa'

Jenny Schon begann ihre gestrige Lesung in der Reihe "Erzählen gegen den Krieg" im Verein ‚südosteuropa‘ in Berlin, gegründet von Bosiljka Schedlich, Trägerin des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, mit Gedichten aus der Böhmischen Polka, die immer wieder unterbrochen wurden durch die Fragen der zwar wenigen, aber vielen jungen Menschen, die intensiv diskutierten.

Die Frage von Bosiljka Schedlich war, was hat der Krieg mit uns persönlich mit uns Älteren gemacht, die als Kinder noch Bombenhagel und Vertreibung mitbekommen hatten, was macht er mit den Jüngeren, die Opfer des Jugoslawienkrieges oder anderer Auseinandersetzungen sind, Menschen, die fassungslos vor einer Welt stehen, die immer noch - trotz der verheerenden Kriege vergangener Zeiten - neue Kriege führt und anzettelt?

Um persönliche Traumatisierungen abzumildern, ist das Gespräch darüber sehr wichtig, das es noch viel zu wenig in Deutschland gibt.

War es überhaupt für eine ältere Generation möglich, erlaubt? Die Kriegskindergeneration, das sind alle zwischen 1930-1950 Geborene, die als Kind mit Krieg und Vertreibung zu tun hatten, also ein Großteil der deutschen Bevölkerung, ist aufgewachsen mit dem Verdikt, darüber zu reden, oder wie Mitscherlich es formuliert hat, mit der Unfähigkeit zu trauern, weil das Thema einfach verboten, tabuisiert war: „Reiß dich zusammen“, „Hab dich nicht so“, „Wir haben wahrlich andere Probleme, als auf deine Befindlichkeit Rücksicht zu nehmen“. Das sind nur einige Sprüche, mit denen wir großgeworden sind.

Solch kleine, aber intensive Lesungen gehen leider in dem großen, hektischen, von großen Namen lebenden Berlin leider verloren. Bei dieser Lesung war Joachim Süß, der Koautor des Bandes Postelberg/Kindeskinder, in dem er sich ebenfalls in Gedichtform seinem Trauma nähert, als 1961 Geborener, als sogenannter Kriegsenkel, von seinem Vater „infiziert" zu sein, der als 15-Jähriger dem durch Tschechen verursachten Massaker von Postelberg im Frühsommer 1945 zwar entging, aber zusehen musste, wie seine Schulkameraden erschossen wurden.