NWZ und Weser-Kurier berichten über Winterreisen-Lesung im Autohaus Lampe

 

NWZ

Gedanken gehen im Autohaus auf Reisen

Bücherwochen Lesung mit sehr verschiedenen Texten – Autoren aus Elsfleth und Metjendorf dabei

Zu hören waren melancholische und skurrile Geschichten. Alles drehte sich um das Reisen.

VON EVELYN EISCHEID

Berne Die „Winterreise“ – das Thema der diesjährigen Berner Bücherwochen berührt auch die Aspekte Straßen und Wege, Abschiede, Abreise und Ankommen und die Empfindungen der Reisenden auf langen oder nur kurzen Fahrten. „Wenn es um Straßen und Wege geht, wo wäre eine Autorenlesung besser aufgehoben, als in einem Autohaus, das zudem noch an einer Bundesstraße liegt“, begründete der Organisator der Berner Bücherwochen, Reinhard Rakow, die erste und gut besuchte Autorenlesung am Mittwochabend im Berner Autohaus Lampe.

Inspiriert vom Thema hatten die anwesenden Autoren Edith Koschnick aus Elsfleth-Neuenbrok und das Ehepaar Renate und Uwe Pohl aus Metjendorf ihre eigenen Blickwinkel auf winterliche Reisen als Leitfaden ihrer Erzählungen gewählt. Darüber hinaus las Reinhard Rakow die Erzählungen des Kölner Autors Heinrich Beindorf „Zero“ und Kathrin Klauers Beitrag „Sommervater“.

Renate Pohl eröffnete den literarischen Zirkel mit einer Erzählung ihres Ehemannes. „Heimwärts“ führt die winterliche Reise einen Mann vom dänischen Esbjerg zurück in seinen Geburtsort Elsfleth. Vor 20 Jahren hat der junge Tom Jensen nach einem Streit Hals über Kopf das Elternhaus verlassen. Die Erkrankung des Vaters lässt ihn heimkehren, während der Fahrt durch den Schneesturm rekapituliert der Mann in Gedanken das Zerwürfnis. Während Pohls Erzählung Molltöne durchziehen, ist Edith Koschniks Geschichte „Special offer“ ein köstliches Reisedrama mit skurrilen Aspekten. Sie beschreibt eine Tour durch Afrika mit großen und kleinen Malaisen mit einem altersschwachen Kleinbus.

In der sozialen Unterschicht hat Heinrich Beindorf seinen Essay „Zéro“ angesiedelt. Cora, eine Mutter von zwei Kindern und Lebensgefährtin eines, mit dem Motorrad verunglückten, Prolls wiedersteht war nicht der liebevollen ! Zuwendun g und den finanziellen Verlockungen ihres Nachbarn. Letztlich aber lässt sie sich nicht korrumpieren und bewahrt ihre Selbstachtung, am Schluss ist der Nachbar wieder bei Null angelangt: „Zéro“.

 

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Weserkurier

Fünf Reisegeschichten zwischen Winter und Wüste

Von Hannelore Johannesdotter Berne. Sie arbeiten als Krankengymnastin, Dolmetscher, Lehrerin, EDV-Techniker oder sind Rentner. Die Rede ist von den Autoren, die sich von den Berner Bücherwochen anregen lassen, ihre verborgenen literarischen Talente zu erproben, kurze oder längere Geschichten zu schreiben. Das Thema "Winterreise" war für sie dabei Richtschnur oder Nebensache.
Dazu zählen auch jene fünf Autoren, deren Beiträge aus der diesjährigen Anthologie "Winterreise" bei der ersten Lesung am Mittwochabend zu hören waren. Straßen und Wege als ein zentrales Bild des Reisens standen bei ihnen im Mittelpunkt des Geschehens. Die Lesung fand zwischen den Fahrzeugen im Autohaus Lampe statt und war erfreulich gut besucht.
Nicht alle Autoren, sie sind zwischen 30 und 70 Jahre alt und wohnen zwischen Köln und Elsfleth, konnten selbst in Berne lesen. Paten übernahmen den Vortrag deshalb für sie. So wie Renate Pohl, die den Text ihres stimmlich indisponierten Mannes vortrug. "Ich hatte schon immer Spaß am Fabulieren", erklärte Uwe Pohl, der die Schriftstellerei seit einigen Jahren intensiv pflegt. Sein Beitrag "Heimwärts" schilderte eine nächtliche Rückkehr ins Elternhaus bei heftigem Schneegestöber - eine Geschichte ohne Happy End.
Ganz anders der Tenor bei Edith Koschnick aus Elsfleth. Acht Tage vor dem endgültigen Abgabetermin hatte sie sich entschieden, einen Beitrag zur Anthologie einzusenden. Dass ihre amüsante Geschichte "Special Offer" sofort Eingang in das 500-Seiten-Buch gefunden hatte, erfüllte sie mit Stolz. Die lebhafte Art ihres Vortrags machte Spaß beim Zuhören. Protagonist ihres Textes ist ein Auto, eine Schrottkarre, gekauft mit dem Ziel, sie und die Freundin mehr als 7000 Kilometer bis nach Afrika zu bringen. Mit vielen Reparaturen hält das Auto auch bis zum Ende der Reise durch - bleibt aber in Gam! bia als "Special Offer" unverkäuflich stehen.
Heinrich Beindorf aus Köln hat sich mit "Zero" an der Anthologie beteiligt. Stellvertretend für ihn trat Bücherwochen-Initiator Reinhard Rakow als Lesepate ans Mikrofon. In Ich-Form geschrieben, fällt hier der Hauptdarsteller bei dem Versuch, seine Nachbarin und ihre zwei Kinder als Familie zu gewinnen, ganz gewaltig auf die Nase. Auch die Kurzgeschichte vom "Sommervater", geschrieben von Katrin Klauer aus Bad Camberg im Taunus, las Reinhard Rakow vor - es war ein erhellender Dialog bei einer Autofahrt mit einem Anhalter.
Edith Koschnick war ebenfalls als Lesepatin zu hören. Sie trug den Text "Nachts um drei am Arsch der Welt" von Marina Köglin aus Bremen vor - eine witzig-skurrile Geschichte rund um eine nächtliche Heimfahrt bei klirrendem Frost - in diesem Fall nahm die Geschichte einen guten Ausgang.