Volker Issmer las in Potsdam bei der Friedrich Naumann-Stiftung aus dem Roman Zahngold
"Zahngold" - Lesung mit Dr. Volker Issmer
Dr. Volker Issmer
Eine Passage in den Memoiren seines Vaters, dem Kreisamtsleiter
der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt in der schlesischen Stadt
Glatz, ließ den Historiker und Autor Volker Issmer nicht mehr los: In
der Schilderung brüstet sich ein NS-Funktionär damit, das gestohlene
Gold einer 1938 geplünderten und verbrannten Synagoge für die
Herstellung seiner Goldzähne genutzt zu haben. Diese wahre Begebenheit
ist der Ausgangspunkt des Romanes „Zahngold“, in welchem Volker Issmer
die Geschichte fiktional weitererzählt. Auf Einladung der
Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit las Volker Issmer einige
prägnante Passagen seines Werkes vor – eine Geschichte, die tief mit
der eigenen Biographie und der Auseinandersetzung mit dem Tun seines
Vaters in der Zeit des Dritten Reiches verwoben ist.
Die
beiden Hauptprotagonisten Siegfried und Aaron stammen aus derselben
Stadt in Schlesien. Siegfried ist der Sohn des (inzwischen
verstorbenen) NS-Funktionärs mit den Zähnen aus geraubtem
Synagogengold, Aaron ist Jude und ein Überlebender des Holocaust.
Aarons Familie hatte seinerzeit das Gold für die Synagoge gespendet,
aus der das Zahngold entwendet wurde. Die Handlung spielt in einer
mittelgroßen deutschen Stadt Mitte der 1990er Jahre.
Volker Issmers Lesung beginnt mit einer Traumsequenz Siegfrieds, in welcher er sich von
mit Dr. Volker Issmer
Juden verfolgt sieht. Denn auch in der Realität beschäftigt
Siegfried ein bevorstehendes Treffen mit dem mysteriösen Juden Aaron,
von dem Siegfried nur weiß, dass er ihn wegen einer „wichtigen
Angelegenheit“ aus der Geschichte treffen möchte. Das Treffen findet
tatsächlich statt, und Aaron offenbart sich nach und nach als einziger
Nachkomme der jüdischen Handelsfamilie, die damals das Gold für die
Synagoge gespendet hatte – und er fordert es schließlich zurück.
Siegfried verweigert dieses Ansinnen, da er seinen Vater nicht
exhumieren möchte, und beide trennen sich im Streit. Das Buch erzählt
anschließend, wie Siegfried sich mit der Vergangenheit seines Vaters
auseinandersetzen muss und schließlich einen psychischen Zusammenbruch
erleidet.
Die letzte von Volker Issmer vorgetragene Passage, eine der
Schlüsselszenen des Buches, beschreibt, wie Aaron sich schließlich auf
den Weg macht um erneut Siegfried aufzusuchen, der mittlerweile im
Krankenhaus liegt. Er möchte die Angelegenheit zum Abschluss bringen.
Diese Szene des Buches ist im Gegensatz zum Rest ganz aus der Sicht
Aarons beschrieben, es wird eindringlich geschildert mit welchen
Ängsten, aber auch Vorurteilen Aaron den Deutschen begegnet.
Im
Anschluss an seine Lesung berichtete Volker Issmer, was seine
Forschungen zum tatsächlichen Verbleib des Zahngolds erbracht haben. Er
konnte die Spur des NS-Funktionärs bis in ein sowjetisches
Kriegsgefangenenlagers zurückverfolgen, wo er höchstwahrscheinlich
verstorben ist: „Das Gold der Glatzer Synagoge ruht daher wohl heute
irgendwo im russischen Boden“.
Abschließend diskutierte das zahlreich erschienene Publikum mit dem Autoren über sein Buch
und seine Forschungen, kenntnisreich und gekonnt moderiert von Csilla
Hatvany aus dem Liberalen Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung für
die Freiheit. Unter anderem wurden die Fragen aufgeworfen, wie viel
biographisches tatsächlich in seinen Romanfiguren steckt, wie sich
Volker Issmers eigener Vater mit seiner eigenen Vergangenheit
auseinandergesetzt hat und wie wichtig die späte, zumindest im Ansatz
erkennbare Reue des Vaters in der Auseinandersetzung mit seinem Sohn
war.
aus:Infos der Friedrich Naum Stiftung webseite