Manfred Schwab - Nocturne

Nocturne

Chopin spielt Klavier.
George Sand spielt mit Chopin.
Am Rande der Nacht
sucht er nach einem Menschen.
Ihr genügt es unter Leuten zu sein,
in seiner Gesellschaft, ihn
einen Freund zu nennen.
Aber was hilft das
gegen die unendliche Traurigkeit
nicht geliebt zu werden, Madame.
Seine verzweifelte Sehnsucht nach Nähe.
Ihr Bedürfnis nach Unabhängigkeit
und Distanz.
Sein Verlangen nach Wärme, ungestillt
an ihrer schönen Schulter.
Hand in Hand gehen sie am Tag
den Strand entlang.
Nachts schlafen sie Wand an Wand,
gefangen in klösterlicher Einsamkeit.
Er legt ihr sein Herz vor die Tür.
Sie bestreut es lachend mit Zigarrenasche.
Nur nicht sentimental werden, mein Lieber,
koch uns lieber einen starken Kaffee.
Blut hustend geht der warme Winter dahin.
Seine ungeweinten Tränen
schwarz glänzende Perlen aus Tönen
fließen als Nocturnes
in ihren verschlossenen Schoß.