Gedicht des Tages

doris egger - schreibverweigerung (Gedicht des Tages)

Egger, Doris: Ikarus - flieg nicht so

 

schreibverweigerung

nicht mehr schreiben wollen
nie mehr
auch keinen einzigen buchstaben

warum sollte ich mich auch
der diktatur des schreibens beugen

warum sollte ich auch
das papier mit buchstaben malträtieren

warum sollte ich auch
die mine des bleistiftes abnutzen

warum sollte ich auch
meine hirnwindungen anstrengen

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Agnes Lanz - Verständnis? (Gedicht des Tages)

Wie kann das Samenkorn
        von jemandem verstanden werden,
der selbst schon
        wie eine Blume blüht?

Wie kann die Baumwurzel tief unter der Erde
        von einem Blatt verstanden werden,
das hoch oben in der Krone
        von der Sonne beschienen wird?

Wie kann ein Mensch
         von jemandem verstanden werden,
der sich verhält,
        als ob er Gott wäre?
 

 

 

 

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Sigune Schnabel - Skulptur (Gedicht des Tages)

Ich habe um meine Haut
eine Schutzmauer gebaut.
Doch sie meißelten mein Gesicht
in Stein und schlugen
in die Lachfalten ihre Träume hinein.

An die Wand pflanzten sie emsig Rosen.
Als sie verblühten,
tropften Hagebuttensäfte
durch die Risse im Relief.

Ein Schleifstein schlug in ihrer Brust,
der jede Ecke, jede Kante von mir wetzte
und sie im sichren Glauben ließ,
er glätte meine Form.

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Antje E. Schnabl Glaubst du? (Gedicht des Tages)

Download: Audio icon schnabl.mp3

Glaubst Du ...

Glaubst du, daß die Engel
den Lichterglanz zaubern,
wenn das Dunkel den
Tag nicht freigeben will?

Glaubst du, daß die Mütter
uns Lebkuchen backen,
wenn die Felder und
Obstbäume leer sind?

Glaubst du, daß die Glocken
und Lieder erklingen,
wenn eisiger Frost
die Natur verstummen läßt?

Glaubst du, daß nicht nur ins
Kinderherz Freude dringt,
wenn bunte Gaben
von Hand zu Hand gehen?

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Safinaz Hallioglu - auge der zuneigung (Gedicht des Tages)

Auge der Zuneigung

Das Auge der Zuneigung entfernte ich eines Tages
Um ohne Hilfe die Umgebung zu schauen
Die Farben verzerrten sich, gesichtslos die Gesichter
Liebe verachtet, Güte umgekippt

Nachtigallen ohne Zunge, Mütter herzlos
Bäume ohne Ast blätterlos sah ich
Freunde, Verwandte, leiden konnte ich nicht mehr
Alle als meine Feinde empfand ich

Der Himmel auf Erden zur Hölle werdend
Was Mitleid heißt, wusste ich nicht mehr
Ekelte mich vor allem, was ich sah
Auch hören wollte ich nichts mehr

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Marianne Pumb - Ausgegangen (Gedicht des Tages)

 

Ausgegangen

Ich möchte ausgegangen werden
Doch wohin
Wie wird das sein dort oben
Oder nichts

Mein Leib mein Leben
Will ertötet werden
Doch ach beileibe nicht
Ich will leibhaftig sein

Und bin ich auch beleibt
Leibeigen noch dazu
Von meiner Kümmernis  
Ich möchte Ruhe finden

Möcht rastend mich erquicken
Trübseligkeit leb’ wohl
Und Not um mich herum
Lebt ab, lasst mich allein

Ich will lebendig sein

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