Gedicht des Tages

Ulrike Kleinert - Menschenrechte im Garten (Gedicht des Tages)

 

 

Menschenrechte im Garten

Wo wäre ein besserer Platz
als in diesem Garten,
den die Bürger mit
Zähnen und Groschen verteidigen.

Wo würden sie
besser gepflegt als hier,
wo Schulklassen
ihre Buchstaben polieren.

Wo sonst könnten sie sich
so an die Erde schmiegen
im langen Band
und unseren Wegen Halt geben.

Wir können an ihnen wandeln
in der Blüte der Büsche,
im Geruch der Kräuter,
unter den Kronen der Bäume.

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Jana Jürß - Sommerdepressionen (Gedicht des Tages)

 

Sommerdepression eines Schreiberlings

Der Herbst kommt
Irgendwann
Bestimmt
Lässt er die Blätter bunt
Bald welk werden
Bis sie abfallen
Und von uns zertreten
Werden

Worte, die dann
Nicht geschrieben
Werden gleichsam bereits
Vor dem Abfallen
Zertreten
Von uns

Sommer ist
Noch und
Vor dem Herbst
Bleiben Tage für die Worte
Die traurigen und unvergänglichen
Die ich mitnehmen
Muss
Bis in den nächsten Sommer

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Melanie Michels - Ein kleines Mädchen (Gedicht des Tages)

Ein kleines Mädchen

macht kleine Schritte

fällt und weint

steht auf

lernt zu laufen

greift nach der Sonne

verbrennt sich die Finger

kühlt sie im Wasser

fällt hinein

hört auf zu atmen

lernt schwimmen

kriecht ans Ufer

läuft auf dem Boden

durch Scherben

wäscht das Blut ab

mit Wasser

fällt hinein

und ertrinkt

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Manfred Schwab - Utopie-Verbot (Gedicht des Tages)

Utopie-Verbot

Als es nur den nackten kalten
Kapitalismus gab
ach wie hofften da die Menschen
auf den wärmenden Mantel des Sozialismus

Als sie den zerlumpten Mantel
des bürokratischen Sozialismus sahen
ach wie hofften da die Menschen
auf den herausgeputzten Kapitalismus

Als der Staatssozialismus eines Tages
seine reale Existenz aufgab
und der Kapitalismus
die Weltherrschaft antrat
wie fuhr da die Hoffnung von Generationen
ach ins finstere Grab

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Wöhrle, Dieter - Mittelmaß, mit Brille, Ende 40 (Text des Tages)

Mittelmaß, mit Brille, Ende 40
Nichts als Ärger und Enttäuschung hat ihm die letzte Woche beschert. Aber Eric lässt sich nicht anmerken, wie sehr ihm das alles in den Knochen sitzt. Im Vorübergehen grüßt er freundlich den türkischen Betreiber des Gemüseladens und wirkt, wenn nicht gerade ausgeglichen, so doch wenigstens unauffällig. Mittelmaß, mit Brille, Ende 40.

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Lisa F. Oesterheld - Gaza im Januar 2009 (das Datum ist aktualisierbar)/ (Gedicht des Tages)

Gaza im Januar 2009

In diesem Krieg
wird die Welt
verdunkelt
und die Menschlichkeit
entstellt
die Gewalt schreit

zum Himmel erhellt
vom Raketenfeuer
kein Stern
funkelt
und kein Komet fällt
aber Granaten

es warten
die Verwundeten
im gestundeten
Leben
erbeben
unter Detonationen

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Stefan Hölscher - Die ganze Zeit (gelesen vom Autor) / (Gedicht des Tages)

DIE GANZE ZEIT

Für S., d. n. d. a.

ich denk die ganze Zeit allein an ihn
er denkt die ganze Zeit allein an sie
sie denkt die ganz Zeit allein an einen anderen
der denkt die ganze Zeit allein an irgendwen

warum denkt nur nicht der an den
der an ihn denkt
warum nicht einmal merkt denn der
an den gedacht wird
wie sehr an ihn gedacht wird
warum nicht einmal will er das denn merken

so lieblos ignorant ist man dem Richtgen abgewandt

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