Veröffentlichungen

Jenny Schon- Gespräch (Gedicht des Tages am 3. Januar)

Gespräch

Als über Steine zu reden
noch nicht verboten war
lebten die Bäume
ein kurzes Leben für die Lettern

Als die Bäume
länger lebten
weil keine Lettern mehr
benötigt wurden
schwiegen die Menschen

Die Frauen Afghanistans
waren keine Zeitungsartikel
wert

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Celine Müller - Meine Lieblingsbeschäftigung (Jugendliche melden sich zu Wort am 2. Januar)

Meine Lieblingsbeschäftigung

Ich gehe samstags in Essen klettern. Das ist voll lustig. Ich schreib deshalb von meinem Wochenen-de:

9.00 Uhr: Aufstehen!

Ich hasse es, früh aufzustehen. Das macht mich depressiv. Nein! Heute ist Klettern. Jetzt bin ich happy. Frühstück! Ich komme!

10.00 Uhr: Gehen!

Und zwar zum S-Bahnhof. Warten auf die Bahn, die mal wieder Verspätung hat. Wenn die Bahn dann doch kommt: Einsteigen.

10.10 Uhr: Fahren!

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Karin Flörsheim - Kühler Morgenwind (Gedicht des Tages am 1.01.2010)

Kühler Morgenwind

Kühler Morgenwind
Auf warmer Haut
Unruhe
Breitet sich aus

Zurück in meinen
Raum
Möchte ich gehen
Finde die Türe nicht

Spät am Abend
Nach Irrwegen durch
Gärten und Wolken
Geh ich in die Wärme
Meines Tuns

Mein Tisch strömt
Den Tag aus
Er ist mir nicht fremd
Doch ich finde mich nicht

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Willi Ennulat: Wenn die Zeit auf einmal stillsteht (Gedicht des Tages am 30. Dezember)

Wenn die Zeit auf einmal stillsteht

Wenn die Zeit auf einmal stillsteht,
und du ganz im Damals fühlst:
das Ballspiel auf Asphalt,
den würzigen Geruch,
Sommerregen,
körperlich und warm.

Deine Stimme klingt so nahe.
Sehe dein fröhliches Gesicht.
Hände zart und fein,
offen weiter Blick.
Niemand bringt dein Lachen
je zurück.

Unsere Herzen waren Brüder,
unsere Seelen blutsverwandt.
Ich vermisse dich mein Sohn,
der Abschied tut noch immer weh.

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Sonja Kurstein: Stadtluft-Pottluft (Jugendliche melden sich zu Wort am 30. Dezember)

Download: Audio icon kirstein.mp3

Stadtluft – Pottluft

Drei rauchende Schlote
Der Stahl im Ofen tobte
In der Ferne gläserne Bauten
Und hinter der Skyline schauten
Während der schwarze Ruß am Himmel vorbeizog
Der Arbeiter mit Müh´ den Kohlewagen schob
Weit leuchtende Werbeplakate hervor
Und zwischen den Städten der Smog zog empor
Früh morgens die Arbeiterschaft auf dem Wege
Bald wird das Treiben in den Gassen ganz rege
Durch Berufsverkehr völlig verstopfte Straßen
Auf denen früher noch Kühe grasten

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Serpil Özkul - Schuld (Kinder und Jugendliche melden sich zu Wort am 27. Dezember)

Download: Audio icon zkul_0.mp3

Schuld

Gedanken fern
Sie schwirren umher
Man kennt sie nicht
Doch man erkennt das Licht
Das sie umgibt
Um preiszugeben
Was in ihnen liegt

Das Leben
Ist wie ein Film
Wenn es glimmt
Und man dann erkennt
Wie das Leben beginnt
Und wie es zu Ende geht

Doch das Licht
Ist nichts
Es ist das Tor
Zu Gottes Pforte
Wo man Rechenschaft
Ablegt
Wo man schmerzhaft
Sieht
Wie man das Leben

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Karl Seemann - Spuren (Gedicht des Tages am 27. Dezember)

Spuren

Spuren,
nach Bethlehem,
eingedrückt in den Sand,
in den Schnee.

Zweitausend Jahre,
vergangen, verweht,
Spuren im Sand,
im Schnee
heute
nach Bethlehem.

Unterm Neonlicht der Städte,
der Geschäftswochen,
Spuren, heute,
im Sand, im Schnee
nach Bethlehem.

Verdeckt
zweitausend Jahre
vom Sand, vom Schnee
die Spuren,
dennoch dauert
das Wort.

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Marianne Pumb - Heilige Nacht in einer Studentenküche Sevillas (gedicht des Tages am 26. Dezember)

Heilige Nacht in einer Studentenküche Sevillas

Wir schnippelten Paprika mit Orangen
redeten über verschiedene Götter
über das, was wir glaubten
fuchtelten manchmal dabei
mit den Messern in unseren Händen
Einige von uns glaubten an Nichts

Armando aus Mexiko
erzählte von seiner großen Familie
die sich um die Krippe versammelte
Der Jüngste von ihnen würde genau jetzt
das Jesuskind in die Hände nehmen
und singen

Sing, baten wir ihn

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Lea Sleimann - Jede Nacht (JUgendliche melden sich zu Wort am 26.12.)

Jede Nacht

Es ist wie jede Nacht. Schwarz anziehen, Rucksack voll stopfen und Maske auf. Raus an die frische Luft, verpestet durch die Fabriken und die Abgase der Autos.
Wie jede Nacht komme ich vorbei an Baustellen, halb fertig und vergessen. Ich muss aufpassen. Schnell in die Hausgasse,. Da kommt ein Auto. Die Straßenlaternen versauen die Dunkelheit. Wie jede Nacht. Manchmal wünsche ich mir, ich würde in irgendeinem „Alte-Leuute-Kaff“ wohnen, aber die Aufregung, erwischt zu werden, wäre verloren.

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Nilay Yilmaz - Wo bin ich? (Jugendliche melden sich zu Wort am 25.12)

Wo bin ich?

Fragen über Fragen wimmeln in meinem Kopf. Wo bin ich? Wieso werden wir nirgends aufgenommen? Einfach unmöglich. Nur weil wir in Deutschland ge-boren sind und hier leben, haben wir keine genaue Heimat. Wir sind nicht nur in Deutschland Auslän-der, sondern auch in der Türkei. Dort werden wir als „alamanci“ bezeichnet. Aber das beantwortet mir immer noch nicht die Frage, wo ich bin!

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