Maja Loewe - Unterm Blaubeerhimmel
Unterm Blaubeerhimmel
Spielgeräteschatten wachsen über den Platz.
Wir liegen dazwischen, ganz flach.
Tricksen unsre Schatten aus.
Dann schaut Annika auf ihre Micky-Mouse-Uhr.
Annika weiß auch in der Schule alles besser.
Annika trägt weiße Spitzensocken.
Ich trage Zauberrollschuhe.
Tschüss, ruft mir Annika nach.
Der Blaubeerhimmel rollt die Straße rauf.
Spuckt mir Nachbarhausschatten aufs Kleid.
Die Nachbarskinder sitzen bei Graubrot und Tee.
Die Nachbarmütter schnitzen Gurke.
Die Nachbarväter gucken Fußball.
Am Straßenrand stehen die Opel sortiert.
Ich rolle dem Blaubeerhimmel nach, als könnte ich ihn einholen.
Als wäre er eine dicke alte Dame.
Mit Einkaufsnetzen am Arm.
Die Straße dampft.
Die Rollen kreischen.
Splitt spritzt.
Ich trage Zauberrollschuhe.
Unser Haus trägt ein Blaubeerkleid.
Ein Blaubeerkleid mit goldenen Quadraten.
In der Tür glänzen Elterngesichter ganz dicht beieinander.
Ich ziehe meine Rollschuhe aus.
Mutter legt mir ihre Sorgen um die Schultern.
Sie fühlen sich warm an und weich.
Mondscheinzöpfe.
Am Ende der Stadt ist es immer dunkel.
Dort steht das Annikahaus.
Die Annikaschwester schläft.
Die Annikamutter bügelt.
Der Annikavater guckt Fußball.
Der Mercedes steht in der Doppelgarage.
Annika steht in der Ecke.
Wünscht sich Zauberrollschuhe.