Marlies Kalbhenn - C+M+B (ein Weihnachtsgedicht)

C+M+B

Marlies Kalbhenn

 

 

Als einer – Caspar? – dann den Stern entdeckte,

er war verwirrend nah und hell und groß,

die andern, Balthasar und Melchior, weckte.

Sie zogen in derselben Stunde los

 

mitsamt den Treibern und den Tieren.

Die Reise war geplant mit Akribie.

Und ihre Nachbarn staunten in den Türen.

Der Stern der Sterne führte nun Regie.

 

Wie lang sie reisten? Wer kann’s wissen?

Sie folgten nächtelang des Sternes Spur.

Am Tag war Wüstensand ihr Kissen

und nur die Sonne ihre Uhr.

 

Ob sie mitunter ihren Plan bereuten?

Darüber wurde nichts geschrieben.

Ob sie sich Nacht für Nacht aufs Neue freuten?

Ob sie sich gegenseitig angetrieben?

 

Nichts wissen wir. Nur: dass ans Ziel sie kamen.

Den Umweg lassen wir hier außer Acht.

Die Männer mit den drei erfundnen Namen

sahn überm Stall den Stern in einer Nacht

 

und brachten, so wird uns berichtet,

dem Kind im Stall die königlichen Gaben:

Gold, Weihrauch, Myrrhe – oft bedichtet

und nur von Königen für Könige zu haben.

 

Ob Könige, Gelehrte, Weise:

Ich geb es zu, ganz unumwunden:

Wir wissen nichts von ihrer Reise

und selbst der Anfang ist von mir erfunden.

 

Vielleicht ist das, was in den Schriften steht,

auch nur Legende, Märchen, wunderschön,

aus Zeiten, die der Wüstenwind verweht.

Doch kann ich nicht der Kunde widerstehn,

 

dass Könige sich neigten vor dem Kind

in Bethlehem im Stall in Nacht und Wind.