reinhard rakow - oktober
oktober
da preisen wir wieder die ernte
und erfreuen uns ihrer
— gott zum dank
politiker stimmen ein —
reich war sie die erträge
erreichten neue rekorde man wird
wieder einiges vom markt nehmen
müssen vernichten
um die preise nicht zu verderben
da feiern wir wieder die einheit
und betrauern
— ein gedenken
staatlich organisiert —
die toten
einer unmenschlichen mauer
die menschen das recht verwehrte
zu gehen wohin ihr traum
von wohlergehen
sie führte
wo aber bleibt jener akt
öffentlichen gedenkens
öffentlicher scham
— als akt der staaten
und kirchen —
wo unser betrauern der toten
jener unmenschlichen mauer
(errichtet auch durch uns
staatlich organisiert)
an den rändern europas
die menschen das recht verwehrt
zu gehen wohin ihre not
(und bisweilen ihr traum
von wohlergehen)
sie gespült
das meer
vor lampedusa
spült
tote
menschen an
jeder schritt
unseres gangs
durch unsere reichen
gärten lässt
faule früchte
platzen —
Reinhard Rakow
geb. 1952 in Gelnhausen, lebt und arbeitet in Berne/ Wesermarsch als Maler und Autor.
Autor (Romane, Novelle, Gedichte), Herausgeber (Anthologien der Berner Bücherwochen u.a.), Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Anthologien, Feuilletonbeiträge zu Musik, Kunst, Literatur und Theater.
Besuchen Sie unbedingt seine täglich aktualisierte Webseite http://www.reinhardrakow.de
Im Geest-Verlag erschienen:
Trotz alledem - Anthologie zu den Vierten Berner Bücherwochen
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